„Wenn Sie das Glück haben, als junger Mensch in Paris gelebt zu haben, dann bleibt es Ihnen, wohin Sie auch für den Rest Ihres Lebens gehen, denn Paris ist ein großes Fest.“ (Ein Fest fürs Leben, Ernest Hemingway)
Paris wurde im 19. und frühen 20. Jahrhundert allgemein als die Hauptstadt der Welt angesehen. Es war das kulturelle Zentrum für Kunst, Literatur und Musik. Französisch war damals die gängige Sprache, die Lingua franca, und wurde erst nach und nach durch Englisch ersetzt, als die Vereinigten Staaten zur führenden Supermacht aufstiegen. Fast alle heute berühmten Schriftsteller oder Künstler haben damals einige Zeit in dieser Stadt verbracht. So auch Ernest Hemingway. Er kam als 22-Jähriger und blieb von 1921 bis 1926 in der Stadt.
Ernest Hemingway wurde 1899 in Oak Park, Illinois in den USA geboren. Er erhielt 1954 den Literaturnobelpreis und ist einer der bekanntesten und auch heute noch viel gelesenen Autoren. Er ist vor allem für seine vielen Kurzgeschichten und Romane bekannt, die er veröffentlicht hat, darunter Der alte Mann und das Meer, Wem die Stunde schlägt, In einem andern Land, Fiesta, Schnee auf dem Kilimandscharo, Oben in Michigan oder die Nick-Adam-Geschichten.
Hemingway gehört zu den modernen amerikanischen Schriftstellern, zu denen auch F. Scott Fitzgerald, Ezra Pound, James Joyce und T.S. Eliot zählen. Heute werden sie allgemein zur Autorengruppe der „Lost Generation“ gruppiert (wobei „Lost Generation“ Personen beschreibt, die während des Ersten Weltkrieges heranwuchsen) und haben in ihren 20er Jahren in Paris gelebt, und gearbeitet. In seinen Memoiren Paris – Ein Fest fürs Leben schreibt Hemingway seine Erinnerungen an die Zeit in Paris nieder, die vor allem das Leben in der Stadt, die Arbeit in Cafés und seine Freundschaften mit anderen dort lebenden amerikanischen Schriftstellern beschreibt, ganz prominent hervorgehoben wurde hierbei seine Beziehung zu Scott Fitzgerald.
Hemingway begann seine Karriere als Reporter für den Kansas City Star und den Toronto Star, kämpfte im Ersten Weltkrieg in Italien und zog als europäischer Reporter für den Toronto Star 1921 nach Paris. Dort blieb er bis 1926 und schrieb dort einige seiner berühmten Werke. Seine Erinnerungen an die Zeit in Paris hat er erst viel später im in den Jahren 1957 bis 1960 verfasst. Dies war kurz vor seinem Tod, denn 1961 erschoss er sich selbst. Gründe könnten seine Depressionen und ein hoher Alkoholkonsum sein, die ihn beide viele Jahre begleitet hatten. Man kann also annehmen, dass die Erinnerungen an Paris einen ganz besonderen Platz im Gedächtnis Hemingways einnahmen.
Montparnasse
Ende des 19. Jahrhunderts war der nördliche Bezirk Montmartre, damals noch ein ländliches Dorf am Stadtrand, das Zentrum des künstlerischen Lebens. Aber mit Beginn des 20. Jahrhunderts strömten die Künstler nach Montparnasse, das im Westen von Paris liegt. Viele der Orte, die Hemingway besuchte, befinden sich daher auch in diesem Bezirk.
Hemingways Wohnungen
Hemingways Erste Wohnung: Rue du Cardinal Lemoine 27 am Place de Contrescarpe
Im Januar 1922 zog Hemingway in den 3. Stock und wohnte dort bis August 1923 zusammen mit seiner Frau Hadley. Die Wohnung war sehr einfach und hatte nicht einmal heißes Wasser. Die Gegend um den Place de Contrescarpe ist voll von kleinen Cafés und Bistros und aufgrund fehlender Touristenstürme wirklich charmant.
Hemingways zweite Wohnung: Rue Notre-Dame des Champs 113
Dies war eine Wohnung über einem Sägewerk in einer schmalen Straße neben dem Boulevard du Montparnasse. Von hier waren es nur wenige Schritte zu den vielen Cafés und Restaurants auf diesem Boulevard, wo er täglich schrieb.
Shakespeare and Company Buchhandlung
„Damals gab es kein Geld, um Bücher zu kaufen. Ich habe mir Bücher aus der Leihbibliothek Shakespeare and Company ausgeliehen.“ (Ein Fest fürs Leben, Ernest Hemingway)
Shakespeare and Company war damals ein Magnet für die in Paris lebenden amerikanischen Autoren. Die Besitzerin Sylvia Beach verlieh Bücher auf Englisch und Hemingway liebte diesen Ort und kam oft hierher, um neben dem Schreiben einer seiner anderen großen Leidenschaft nachzugehen: dem Lesen. Während er tagsüber schrieb, verbrachte er seine Nächte mit Lesen, wobei er besonders die Russische Literatur liebte. Seine Lektüre umfasste Ivan Turgenev (Aufzeichnungen eines Jägers), Leo Tolstoi (Krieg und Frieden) und Fjodor Dostojevski (Schuld und Sühne, Der Spieler), Nikolai Gogol und Anton Chekov. Andere Bücher, die er las und in seinen Memoiren erwähnte, waren D. H. Lawrence (Son and Lover, The White Peacock), Simenon (L’Ecluse oder La Maison du Canal).
„In diese neue Welt des Schreibens gekommen zu sein, mit viel Zeit zum Lesen in einer Stadt wie Paris, wo man gut leben und arbeiten konnte, egal wie arm man war, war, als hätte man einen großen Schatz geschenkt bekommen. Auch auf Reisen konnte man seinen Schatz mitnehmen […] da waren immer die Bücher, […] nachts konnte man in der anderen wunderbaren Welt leben, die einem die russischen Schriftsteller schenkten. Zuerst waren da die Russen; dann sind da alle anderen. Aber es waren lange Zeit die Russen“.)
Jardin du Luxembourg
Dieser Park, der zentral auf der linken Seineseite liegt und die Quartiers Saint-German, Quartier Latin und Montparnasse verbindet, übte eine große Anziehung auf ihn aus und er ging oft dorthin, um selbst spazieren zu gehen oder einfach nur zu Fuß in andere Teile von Paris zu gehen. Viele der Orte, die er besuchte, lagen in der Nähe des Jardin du Luxembourg.
Musée du Luxembourg
Das Musée du Luxembourg war das erste Museum in Paris, das Gemälde öffentlich ausstellte. Hemingway liebte das Museum und ging fast jeden Tag dorthin, um die impressionistischen Gemälde von Paul Cézanne, Edouard Manet, Claude Monet und anderen Malern zu bewundern. Später wurden diese Gemälde in den Louvre und dann in das Musée d’Orsay überführt, das heute die größte impressionistische Sammlung in Paris besitzt. Das Musée du Luxembourg zeigt heutzutage Sammlungen zeitgenössischer Kunst.
Cafés, die er häufig besuchte und in denen er arbeitete
Montparnasse:
- Café des Amateurs (Nähe des Place Contrescarpe, existiert nicht mehr)
- Las Closeries des Lilas (171 Bve du Montparnasse)
- La Rotonde (Bve du Montparnasse 105)
- Le Dome (Bve du Montparnasse 109)
- La Coupole (Boulevard du Montparnasse 102)
Diese Cafés liegen alle nahe beieinander und befinden sich am Boulevard du Montparnasse. Sie alle waren berühmte Treffpunkte für Schriftsteller und Maler, die sich dort trafen, austauschten und gewirkt haben, wie auch Hemingway selbst. Außer dem Café des Amateurs gib es heute alle noch und sie können aufgrund des um sie umgebenden Mythos heute hochpreisige Menüs anbieten.
Saint-Germain:
- Les Deux Magots (6 Place Saint-Germain des Prés)
- Café de Flore (172 Boulevard Saint-Germain)
Beide liegen nebeneinander auf dem Boulevard Saint Germain und sind vor allem als Cafés der Existenzialisten Jean-Paul Satrte, Simone de beauvoir und Albert Camus in die Geschichte eingegangen. Auch diese beiden Cafés sind zu wahren Pariser Berühmtheiten avanciert und ziehen immer große Touristenscharen an.
Salon Gertrude Stein: Rue de Fleurus 27
Gertrude Stein war eine Amerikanerin mit deutsch-jüdischen Vorfahren, die damals eine Schlüsselfigur in der Pariser Literatur- und Kunstszene war. In ihrem Salon versammelten sich viele berühmte Maler und Autoren wie Pablo Picasso, Henry Matisse, Scott Fitzgerald oder Guillaume Apollinaire. Sie bot einen herzlichen und einladenden Salon, in dem Kunst ausgestellt wurde und literarische Diskussionen stattfanden, sie unterstützte die Künstler finanziell, las und korrigierte Manuskripte und schrieb selbst Romane.
Auteuil und Enghien-les-Bains
Heutzutage sind Auteuil und Enghien-les-Bains Stadtteile von Paris geworden, doch waren diese beiden damals unabhängige Gemeinden. Hemingway kam oft hierher, um Pferderennen zu sehen, was eine große Leidenschaft von ihm war und später ein häufiges Sujet in seinen Romanen werden sollte.
„So war Paris in einer früheren Zeit, als wir sehr arm und sehr glücklich waren.“ (Ein Fest fürs Leben, Ernest Hemingway)
Mit diesem Satz enden die Memoiren von Hemingway. Man kann sich vorstellen, wie glücklich er seine Jugendjahre in dieser Stadt verbracht hatte.