
„Ich befinde mich in diesem Augenblick in einer der schönsten, angenehmsten und unbekanntesten alten Städte der Welt.“ Mit diesen großen Worten eröffnete Victor Hugo seinen Reisebericht, den er über Bacharach, laut ihm ein „Wunderland am Rhein“, verfasste.
Bacharach ist ein malerischer Ort, der mitten im UNESCO-Welterbe Oberes Mittelrheintal zwischen Bingen und Koblenz liegt. Sie ist für ihre gut erhaltene mittelalterliche Architektur und als Stadt der Rheinromantik bekannt. Victor Hugo war einer der ersten wichtigen Besucher und er war ganz überrascht von dem Umstand, dass dieser wunderschöne Ort so unbekannt war und sich kein Reisender hierher verirrte („ein Gürtel von Klippen hindert an allen Seiten die Anfahrt der Dampfschiffe und hält die Zivilisation fern.“). Dies sollte sich jedoch bald ändern. Viele Schriftsteller der Romantik besuchten den Ort: die deutschen Dichter Heinrich Heine und Clemens Brentano als auch der britische Dichter Lord Byron. Auch Maler wurden von der Stadt am Rhein angezogen.
Erstmals erwähnt wurde sie im 11. Jahrhundert. Der Name geht wohl auf eine keltische Opferstätte oder einen römischen Altar zurück: „ara bacchi“ (Altar des römischen Weingottes Bacchus). Es handelte sich hierbei um einen riesigen Felsen am Rheinufer vor den Toren der Stadt, der allerdings 1850 gesprengt wurde. Als Hugo die Stadt besuchte, sah er den großen Felsen noch und berichtete über die obigen Überlieferungen in seinen Briefen.
Im 12. Jahrhundert wohnten die Pfalzgrafen in Bacharach und der Pfalzgraf Hermann von Stahleck baute die Burg Stahleck, die heute noch oberhalb der Stadt zwischen Wald und Weinreben thront. Die Stadt war früher eine wichtige Umladestation für Wein, denn hier wurden die kleinen Schiffe, die einzig allein das Binger Loch passieren konnten, gegen größere getauscht. Auch der Holzhandel aus dem Hunsrück war wichtig.
1356 erlangte Bacharach dann die Stadtrechte. Die Burg und die Stadtmauer erlitten einige Schäden durch die angreifenden Truppen im Dreißigjährigen Krieg und im Pfälzischen Erbfolgekrieg. Von 1798 bis 1814 gehörte Bacharach, das sich auf der linksrheinischen Seite befand, zum französischen Department Rhin-et-Moselle. Im Jahr 1815 jedoch ging das Gebiet im Zuge des Wiener Kongresses an Preußen. Die Bedeutung der Stadt sank zunehmend und erstarkte erst wieder in den Zeiten der Rheinromantik (Ende 18. Jahrhundert bis spätes 19. Jahrhundert), In dieser Zeit besuchte Hugo die Stadt.
Hugo berichtete davon, dass ein Besucher in Bacharach damals ein Ereignis wäre, der mit „staunenden Augen angesehen und verfolgt wird: Das kommt daher, weil außer Malern mit dem Ränzlein auf dem Rücken kein Mensch die alte, von dem Pfalzgrafen verschmähte Residenz besucht, das gefürchtete Loch, das die Dampfschiffe meiden und das alle Rheinführer als eine traurige Stadt bezeichnen.“
Mittelalterliche Stadtarchitektur
Der komplette Ort konnte sich seinen mittelalterlichen Charme erhalten. Und vieles sieht noch genauso aus, wie es Hugo 1842 sah. Innerhalb der Ringmauer befinden sich zahlreiche alte und gut erhaltene Fachwerkhäuser, darunter das alte Rathaus, das ehemalige Postamt und eine Münzstätte. Hugo war entzückt von den Häuschen, den phantastischen Türmchen, den wunderlichen Giebeln, den verwinkelten Plätzen und dem Häuserblock, der „zufällig vom Himmel gefallen war und mehr Buchten, Inseln, Riffe und Vorgebirge als ein Fjord in Norwegen hat.“
St. Peter
Vom Markplatz kommend trifft man auf dem Weg hinauf zur Burg Stahleck auf die romanische Kirche St. Peter, die aber eher im Stil der Frühgotik erbaut wurde.
Gotische Wernerkapelle (Ruine)
Auch diese Kirche befindet sich auf einem Hügel auf dem Weg zur Burg. Die Gotische Wernerkapelle ist allerdings nur noch eine Ruine, da sie durch die Sprengung der Burg 1689 ebenfalls großen Schaden annahm. Hugo sprach von einem „prächtigen Gerippe aus rotem Sandstein, das sich stolz am Himmel abzeichnet.“
Man erreicht sie über eine Lavatreppe. Zwischen der Kirche St. Peter und der Wernerkapelle befindet sich ein kleiner Innenhof, den Hugo ganz entzückt von seinem Fenster aus beobachtete: Er bewunderte spielende Kinder, Sommerlauben aus Weinreben, singende Grünfinken und Bachstelzen, ein Gärtchen voller Sonnenblumen, Stockrosen und Astern, weiße Schmetterlinge, summende Fliegen und das Gurren der Turteltauben. Doch als er im Sternenlicht der Nacht zur Ruine lief, um sich aller genauer anzusehen, erschauerte er: „Mein schönes Gärtchen voll Kinder, Vögel, Tauben, Schmetterlinge, Musik, Licht, Leben und Freude war ein Friedhof.“ Heutzutage ist auf dem Gelände außer einer grünen Wiese nichts mehr zu sehen.
Stadtmauer und Türme
Die mittelalterliche Stadtmauer mit ihren vielen Türmen hat sich bis heute so erhalten, wie Hugo sie vorfand. Vier Türme der Ringmauer wurden zuvor schon durch die Angriffe im Dreißigjährigen Krieg und Pfälzischen Erbfolgekriege zerstört oder stark beschädigt. Hugo berichtete davon, dass in dieser Ringmauer, Fenster und Außengänge der Häuser gebrochen wurden. Auch heute noch sieht man sie auf der zum Rhein gewandten Stadtseite. Ein schöner Stadtrundgang führt auf der Stadtmauer an allen erhaltenen Türmen und der Burg Stahleck vorbei.
Burg Stahleck
Die Burg Stahleck wurde damals von den französischen Truppen im Pfälzischen Erbfolgekrieg gesprengt, aber wurde später wieder aufgebaut. Heute befindet sich in ihr eine Jugendherberge. Hugo besuchte sie und berichte ganz begeistert von dem Ausblick in das Tal und auf fünf andere Burgen: Fürstenberg, Sooneck, Heimburg, Gutenfels, Schloss Lorch. Auch heute noch ist der Ausblick von hier oben grandios: Ein wunderbares Panorama mit der Burg, der mittelalterlichen Stadt, den malerischen Weinbergen, dem blauen Rhein und den weitläufigen Wäldern.
Rheinufer
Als Hugo Bacharach besuchte, sah er am Ufer „zwei oder drei alte, durchlöcherte Schiffs-Gerippe, entzweigeschnitten, aufrecht in der Erde.“ Sie dienten Fischern als einfache Hütten. Von diesen Schiffen ist nichts mehr übriggeblieben. Heute befinden sich am Rheinufer vor den Stadttoren nur eine Straße, die Bahntrassen, ein großer Parkplatz und eine hübsche Uferpromenade mit Blick auf den Rhein, die gegenüberliegenden Hügel und natürlich die mittelalterliche Stadt.
Weitere Sehenswürdigkeiten
Denkmal „Die drei Poeten“
Das Denkmal am Rheinufer außerhalb der Stadtmauer ist den drei großen Dichtern der Rheinromantik gewidmet, die Bacharach besuchten: Victor Hugo, Clemens Brentano und Heinrich Heine. Hugo wird mit dem gallischen Hahn, dem Symbol Frankreichs dargestellt und berichtet in seinen Briefen ausführlich über den Besuch in Bacharach. Clemens Brentano war übrigens der erste, der von der Loreley in seiner Ballade Lore Lay sprach und damit die Rheinromantik auslöste.
Quellen:
Victor Hugo: Rheinreise, Frankfurt am Main 1982.
www.bacharach.de